Der Turmbau zu Babel und seine Labyrinthe
Kunst auf Schloss Wartenfels / ob Lostorf,
Kunstausstellung im Rahmen des internationalen Kunstaustauschs,
mit Künstlern aus der Region, dem Kanton Solothurn und dem Elsass

13. Juni bis 15. August 2004
Vernissage: 13. Juni 2004, 10:30 Uhr,
Es spricht Prof. Dr. Peter André Bloch
Der Turmbau zu Babel als Labyrinth, Selbstgewinn oder Selbstverweigerung.
Friedrich Dürrenmatt hat bekanntlich seine letzten beiden grossen Werke über seine "noch nicht behandelten" Stoffe unter die Thematik des Turmbaus und des Labyrinths gestellt. In diesen beiden Themenkreisen, die er zeichnerisch immer wieder umkreiste, erkannte er die Grundmuster modernen Denkens und Verhaltens. In antithetischer Gespanntheit erscheint in ihnen der Versuch des modernen Menschen, seine geistigen Kräfte über sich hinauswachsen zu lassen, um sich in absoluter Konsequenz ungehindert zu entfalten; auf der Flucht vor dem Gespenst des Nihilismus, wie er sich permanent in den Symptomen eines fehlenden Lebenssinns und der damit zusammenhängenden Kompensationsversuche, selbstauferlegter Orientierungszwänge und schier unerschöpflichen Ersatzhandlungen manifestiert. Beide Haltungen manifestieren sich in extremen Rauschzuständen: im ekstatischen Versuch grösstmöglicher Selbstbestätigung im Akt des unbedingten Selbstgewinns oder aber im illusionslosen Blick auf leere Versprechungen und unerfüllbare Wünsche, sinnlose Bemühungen und entlarvte Lügengebilde.
In der Ambivalenz zwischen Ekstase und Verweigerung, Selbstgewinn und Selbstverlust steht die Postmoderne, in ihrer verzweifelten Auseinandersetzung mit den Traditionen unterschiedlichster Kunstauffassungen und Ideologien, über die sie sich hinausgewachsen weiss, im Bewusstsein von deren Zeitbezüglichkeiten ihrer Äusserungen, aber auch der Relativierbarkeit des eigenen Standorts, in den permanenten Widerspiegelungen überkommener Denkansätze in eigenen Vorstellungen und Äusserungsversuchen. Dieses komplexe Bewusstseinstrauma wird zum Denklabyrinth modernen Kunstschaffens überhaupt. Zu jedem Versuch einer Selbstsetzung stellen sich haufenweise Zitate bekannter Vorformulierung ein, die jeden Denkprozess begleiten und jede Originalität schon im Ansatz in Frage stellen, weil für jeden Einfall von vornherein alle möglichen Ausdrucksformen zur Verfügung stehen, in virtueller Abrufbereitschaft und grenzenloser Variabilität.
Die Gefahr des inflationären Virtuosentums ist ebenso manifest wie das Leiden an der eigenen Vorgeprägtheit durch das Gewesene im schöpferischen Akt. Bewusstes Verstummen oder selbstparodistisches Infragestellen sind die Folgen, das leere In-Sich-Selber-Drehen von Fragen und Antworten im taumelnden Spiel von in sich selber drehenden Totentanzfiguren. Wer suchte in diesem Endzeittraum nicht nach seinen Ursprüngen in authentischen Ansätzen, und wer verzweifelte nicht an der Problematik der eigenen Positionen, wissend, dass jede Werteskala nach Nietzsche in sich illusorisch ist, weil sie, an die eigenen Wahrnehmungen und Informationen gebunden, jeweils auch anders – sogar umgekehrt – lauten könnte? Was bleibt, ist eine Häufung von immer gigantischer werdenden Vorschlagsmöglichkeiten in babylonischer Vielfalt, im Sinne von himmelsstürmenden Turmbauten oder aber in labyrinthisch in sich verschlüsselter Flächenhaftigkeit... Wer vermöchte dem in sich Grenzenlosen noch Grenzen setzen?
(Peter André Bloch, zum Ausstellungs-Thema).



Illustration: Martin Schwarz
Weiteres Programm am Eröffnungstag:
13:00 bis 17:00 mittelalterliche Ritterspiele und musikalische Darbietungen.
16:30: Excalembourg in Concert. Open Air mit Folk and Rock. CD-Präsentation.
Patronat:
Kulturförderungskommission der Stadt Olten,
Kantonales Kuratorium für Kulturförderung,
Service culturel de l’Université de Haute Alsace Mulhouse
Öffnungszeiten:
Jeweils am Sonntag von 13:00 bis 17:00,
Führungen nur nach telefonischer Anmeldung: 062 298 25 21
Eintritt:
für Schloss / Park / Ausstellung:
Fr. 5.- / 2.50
Beteiligte Künstler/innen aus dem Kanton Solothurn:
Isabelle Achermann, Agnes Barmettler, Vreni Brand-Peier, Roman Candio, Bruno Cerf, Norbert Eggenschwiler, Daniel Gaemperle, Paul Gugelmann, Bärni Hasenböhler, Urban Hüsler, Beat Julius Müller, Sandra Lehnis, Peter Mösch, Franco Müller, Ursula Pfister, Christof Schelbert, Martin Schwarz (Gast aus Winterthur), Karin Stauffer, Lotti Tosin, Thomas Woodtli, Alfons Wyss, Lucio Zanello.
Beteiligte Künstler/innen aus dem Elsass:
Michèle Ackerer Ronget, Simone Adou, Denis Ansel, Nicole Balland, Gilles Beziau, Marie-Paule Bilger, Michel Boetsch, Elizabeth Bourdon, Daniel Depoutot, Gaby Foltzer, Antoinette Fratelli, Isabelle Gissinger-Kessler, Yves Glesser, Zhara Halford, Marthe Hartz, Françoise Husson, Raymond Waydelich.
Veranstaltungskalender
www.traumschloss.ch